Mikado
Sich links halten ohne Nachzudenken.
18 Grad und bleigrauen Himmel fein finden.
Nicht mehr in Euro umrechnen.
Angekommen auf der Insel.
Von Blaenavon nach Port Eynon
25. bis 27. Juni 2024
Abschied nehmen von Kani und Paddy. Witze über Kathis Flitzer machen - wird schon halten. Auf dem Radweg parallel zur B4248 nach Brynmawr.
Nach 20 Minuten Fahrt klapperts beim Flitzer, eine gebrochene Speiche. Abzwicken und die benachbarten Speichen nachspannen um den Achter ausbügeln. Die zweite Speiche bricht. Lieber nix mehr anfassen, Luft am Hinterrad ablassen und vorsichtig fahren.
Das Hinterrad hält die ersten 20 km durch. In Merthyr Tydfil Mittagspause am Parkplatz des riesigen ASDA bei der Autobahnkreuzung, die Kette ist eine Art britischer Walmart.
Der bisher heißeste Tag auf der Insel. 25 Grad bei 80 % Luftfeuchtigkeit are no joke. 30 km nach Brecon. Vorbei am Pontsticill Reservoir, dann steil auf gute 400 Meter Seehöhe hochschwitzen. Eine Gruppe Rekruten der British Army stapft aus dem Wald und in einen tarnfarbenen Laster. Runterrollen zum Talybont Reservoir ohne gscheiden Blick auf die Beacons.
In Brecon Proviant aufstocken beim ALDI und Kaffee trinken. Noch 10 km zum YHA. Rechts des River Tarell auf einspurigen Heckengassen durch endlose Schafweiden. An einer kurzen Lücke in den Hecken endlich ein Blick auf die Beacons.
Das YHA liegt in einem Wald unterhalb der A470. Kein Zimmer frei aber Platz auf der angeschlossenen Campingwiese. Ein Rudel jugendlicher Burschen ist mit drei Aufpassern auf Feriencamp. In weiser Voraussicht nicht direkt vor der Hütte das Zelt aufstellen, wenig später fliegt ein Fußball und kokelt ein feuchtes Lagerfeuer.
Die gemütlichen Ledersofas in der Stube besetzt von den Jugendlichen. Ein Sticky Toffee Pudding aus der Mikrowelle als Dessert, zum Glück ist für die Boys um halb 11 Schlafenszeit. Der Weg zum Zelt voll schwarzer Nacktschnecken.
Am Morgen in der Küche ein Full English kochen, pflanzlicher Black Pudding vom ASDA. Den Check-out um 10 im Nacken das Essen runterschlingen und doch erst um halb 11 zampackt losradln.
Hochschieben auf die A470 und für 150 Höhenmeter der Straße folgen. Zu viel und zu schneller Verkehr aber wunderbarer Blick auf die Beacons.
Immer noch drückend schwül, beim Anhalten Schweißperlen im Gesicht, nur der Fahrtwind kühlt. Endlich weg von der A470, abbiegen auf die viel ruhigere A4059. 10 km über eine weite Hochebene, zahllose Schafe liegen entlang der Straße, manche oben drauf. Einige Kadaver im Straßengraben.
Nach Penderyn runter, Ende des Nationalparks. Ein Stück am Trampelpfad den kanalartigen River Neath entlang, ein Eisvogel zischt übers scheinbar stehende Wasser. Abgesehen davon 30 km schiache Peripherie bis Swansea.
Auf den letzten Kilometern durch das Hafenareal von Swansea. Bei einer Straßenabsperrung vorbeischlängeln, Kathi bleibt mit ihrer Tasche hängen. Die scharfe Metallkante schneidet einen handbreiten Schlitz in die Tasche.
Weiter ins Zentrum zur Oxford Street. Ich setze mich in den ausgestorbenen Burger King, Kathi bringt den Flitzer zum Fahrradladen. Das ganze Hinterrad muss getauscht werden aber möglich ist das erst in zwei Tagen. Wurscht, vorsichtig weiterradln. Wenn die dritte Speiche bricht ists aus.
Ein Zimmer in einem Terraced House nahe dem Swansea Bay. Die Dame aus Pakistan will zuerst abwimmeln wie sie die Räder sieht. Auf Nachfrage macht sie dann doch das Tor zum Garten auf. Ein schmaler mit Brennnesseln verwucherter L-förmiger Gang führt zum winzigen Innenhof. In einem schmalen Gang vorm Zimmerfenster die Räder an die Regenrinne ketten.
Im Haus alles penibelst sauber, ein Paar Flip-Flops für drinnen, eins für draußen, sie müssen getragen werden. Nervös zwei Tassen Tee kochen unter den strengen Blicken der Hausherrin. Ihre zwei Burschen sprechen wenig.
Am nächsten Tag bei starkem Westwind, sprich Gegenwind, auf die Gower-Halbinsel. Auf einem Radweg das sonnige Swansea Bay entlang bis zum Zipfel an dem das Mumbles Lighthouse steht.
Das Riesenrad ist geschlossen, auf dem Boardwalk in ein Lokal setzen und eine Portion Tofu Fish and Chips teilen. Der Himmel verfinstert sich wieder.
Im Schneckentempo über enge Straßen nach Port Eynon. Die Gower-Halbinsel war die erste Region im Vereinigten Königreich die als Area of Outstanding Natural Beauty klassifiziert wurde. Die seltenen Lücken in den Heckenmauern lassen einen Blick auf ihre Schönheit erhaschen.
In Port Eynon ganz zum weiten Strand runterrollen. Es ist windig frisch, in einem Strandimbiss trotzdem ein Eis essen und bei dem brennheißen Kaffee die Zunge verbrühen. Die Rezeptionistin am Campingplatz ist überrascht, dass wir kein Auto haben. Der zu weitläufige Platz dünn besiedelt, gekonnt die Anweisungen ignorieren und direkt neben den Waschräumen das Zelt aufstellen. Direkt nebenan hoppeln drei Wildkaninchen durchs Gras.
Die Ebbe nutzen für einen Spaziergang durchs Watt. In der freigelegten Steinlandschaft herumstaksen und versuchen die Füße trockenzuhalten. Die Brillen bald belegt von der unsichtbaren Gischt.
Den Sonnenuntergang im Rücken erschöpft zurück zum Campingplatz. Bei einem Pint Gower Gold lange in der Smugglers Inn herumlungern. Im finsteren Zelt ein Süppchen kochen. Die Ohrenstöpsel dämpfen das Flattern der Zelthaut.