Grautöne
Von Pembroke nach St Davids
2. und 3. Juli 2024
Kathi sitzt im Zug nach Swansea. Mit flauem Magen auf Autopilot durch die zwei Kreisverkehre auf der London Road kurven und rauf auf die Cleddau Bridge. An der Brückenmitte stehen bleiben, im Ästuar des River Cleddau verstreute Seegelboote. Am Horizont die Raffinerie von Pembroke. Eine Fähre steht im Hafen von Pembroke Dock, sie geht nach Rosslare in Irland. Diese Gedanken für mich behalten.
Bald nach der Brücke abzweigen von der A477 und im Zickzack steil runter zu einem Radweg durch dichten Unterwuchs entlang eines ruhigen Gewässers. Am Ortsrand von Haverfordwest den Radweg verlassen und der B4341 nach Broad Haven folgen. Am Strand windig kalt, schnell ein paar Bissen runterschlingen. Frösteln wie zwei Frauen in Bikini bauchtief im Wasser stehen.
Auf einer Nebenstraße 10 km auf und ab knapp hinter der Küste entlang. In Newgale auf die A487 wechseln. Mittagspause auf einer Wiese am Beginn des schmalen Ästuars des River Solva. Der angrenzende Parkplatz bummvoll, Tagestourist:innen wandern einen Abschnitt des Pembrokeshire Coast Path.
Steil hoch aus der Bucht dann relativ flache 5 km auf der A487. Ein entgegenkommender Lieferwagen hupt in kurzen Abständen, im Vorbeifahren der Mittelfinger hinter der Windschutzscheibe. Willkommen in St Davids, der kleinsten Stadt im Vereinigten Königreich.
Links abbiegen und runter Richtung Meer. Unweit der Steilklippen die günstige Caerfai Farm Campsite. Beim Versenken der Heringe den rechten Daumen blutig hauen.
Hochradln in den Ort. Proviant aufstocken beim Nisa dann in den Pub. Im The Farmers Arms mit einem Half Guiness an einen einsamen riesigen Tisch setzen und das Match schauen. Österreich verliert knapp 2-1 gegen die Türkei.
In den frühen Morgenstunden prasselt heftiger Regen gegen die Zeltwand. Nach drei Wochen UK immer noch nicht gelernt niemals das Gewand über Nacht zum Lüften rauszulegen. Um halb 9 schwächt der Regen ab.
Der Pembroke Coast Path führt direkt am Campingplatz vorbei. Eine Stunde im feinen Sprühregen am Rande der dramatischen Steilklippen nach Portclais spazieren. Luft, Boden und Gras strotzen vor Nässe. Ein paar gefleckte Kühe am Weg. In der schmalen Hafenbucht die kleinen Boote trist im Schlamm.
Wenig Lust auf den gleichen Weg zurück. Eine kleine Straße führt eine Dreiviertelstunde hoch nach St Davids. Wird mich schon wer mitnehmen. Die einzigen die vorbeikommen ein Paar in einem Zweisitzer-Cabriolet.
Die Straße führt zur riesigen Kathedrale des kleinen St Davids. Direkt gegenüber die Ruinen des ehemaligen Bischofspalastes. Der Bischof von St Davids konnte sich so was leisten weil Papst Calixtus II. 1123 dekretiert: Roma semel quantum dat bis Menevia tantum - zwei Pilgerfahrten nach St Davids zählen so viel wie eine nach Rom und drei so viel wie eine nach Jerusalem. Das brachte ordentlich Zasterchen1.
St Davids ist die Ruhestätte des heiligen David, der Schutzpatron von Wales der etwa 500 n. Chr. hier ein Kloster gründet. Die Kathedrale entsteht im 12. Jahrhundert. Keltisch anmutende Verzierungen schmücken die Säulenbögen zwischen den Schiffen. Eine ungewöhnliche Decke aus geschnitzten Eichenholzpaneelen überdacht das Hauptschiff. Sie stammt aus dem 16. Jahrhundert.
Einen langen Nachmittag über in den Pub. Im The Bishops bei einer Kanne Tee unbehelligt am Laptop arbeiten. Draußen klart der Himmel auf.
In der Abendsonne zurück zum Campingplatz.
Die Plastiktasche mit dem Proviant liegt zerbeult und leer vorm Zelt.
In meiner Abwesenheit zerren Raben und Möwen den Sack unterm Außenzelt hervor und fressen fünf *Crumpets, 300 g Couscous, 150 g Kekse, 200 g Butter, 150 g Müsli.
Mahlzeit.
Für ein Frühstück nochmal nach St Davids hochradln. Wieder beim Zelt erschöpft zum Caerfai Beach runterspazieren. Die letzten Sonnenstrahlen wandern die Steilklippen links der Bucht hoch. Eine Gruppe junger Leute sammelt Treibholz für ein Lagerfeuer.