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Die letzte Bratwurst vor Amerika

… gibts am Cabo de São Vincente, dem südwestlichen Zipfel Portugals. Wir sind weder nach Amerika unterwegs, noch kommt man vom Cabo irgendwie dorthin. Trotzdem witzig.

Leider kein pflanzliches Würstl im Angebot

Von Lagos nach Lisboa

Die Gaskartusche fast leer und bis Lisboa kein Decathlon mehr. Gepäck in den Abstellraum des Lagos Central Hostel und runter zur Hauptstraße an der Ribera de Bensafrim. Der Mann vom Stand mit den Korkhandtaschen hat Recht, der Bus nach Portimão kommt zur vollen Stunde. Wir fahren nicht mit, Tickets gibts nicht im Bus.

Schnell zum Busbahnhof. Ein sonniger Vormittag aber der Wind bläst kalt aus Nordwest. Beim Ticketschalter dann die zwei Tickets nach Portimão. Nochmal eine halbe Stunde warten und draufkommen, dass ein Bolt direkt vom Hostel gleich viel gekostet hätte.

Eine geschlagene Stunde Fahrt zum Zentrum von Portimão, der Shoppingtempel aber 40 Minuten Fußweg außerhalb. Mit zwei Packerl Hot & Sour Nudeln vom chinesischen Supermarkt auf ein sonniges Bankerl an der Ribeirinha setzen. Danach ein Cafeci bei der Burger Ranch, eine Burger King Abklatsch-Kette aus Portimão.

Dekadent per Bolt zuerst zum Decathlon und dann zurück nach Lagos zu Rädern und Gepäck. Geschäfte abklappern in der fußgängerfeindlichen Einkaufswüste zehrt an Kraft und Nerven, um 4 erschöpft losradln. 10 Kilometer durch zersiedelte Ortschaften, nach Luz ist’s dann endlich aus. Die Algarve zwischen Faro und Lagos muss man nicht gesehen haben.

Snackpause in Burgau. Über den österreichisch klingenden Namen lachen und tatsächlich, es gibt ein Burgau in der Steiermark. Danach auf einem schmalen Schotterweg vorbei an der bunt blühenden Ribeira de Vale Barão, seit Langem das erste Stück Natur. Über eine Rampe mit 20 % Steigung und gleich wieder runter auf Meereshöhe nach Salema.

Nochmal unerträglich steil durch den Ort hoch zur Schnellstraße nach Vila do Bispo. Dunkle Wolken ziehen auf, ein kurzer Nieselregen. Auf ausnahmslos jedem Leitpfosten sitzen unzählige kleine Schnecken.

In Vila do Bispo wird es Abend. Kaffee und Pastel de nata im Café Nascer do Sol am Hauptplatz. Davor sitzen einige alte Männer, an ihrem Tisch lange Rosmarinzweige und ein großes Netz voll Schnecken.

Eine Unterkunft in Sagres buchen und aufbrechen. Die Bäume sind aus der Landschaft verschwunden, hier wachsen nur Gräser und Gestrüpp. Endlich aus dem Gegenwind auf einer maroden Parallelstraße zur Schnellstraße nach Sagres. Die Abendsonne zeigt sich in einem schmalen Streifen am Horizont.

Die Biermarke Sagres produziert in Lisboa und teilt sich mit Super Bock den portugiesischen Biermarkt auf. Mit dem Ort Sagres steht sie in keiner Beziehung. Das weitläufige verschlafene Kaff ist voller Surfshops. In den hippen Lokalen an der Hauptstraße trinken junge Alternativtourist:innen überteuertes Bier. Knapp vor Sonnenuntergang ankommen und im Zimmer bleiben.

Am Morgen zur Halbinsel von Sagres spazieren. Wieder windig, wieder aus Nordwest. Die Algarve beradelt man am besten von Norden nach Süden, nächstes mal dann.

Gewusel um die Fortaleza de Sagres, einer unspektakulären Festung aus dem 15. Jahrhundert. Die Ponta de Sagres und der Leuchtturm sind nur durch die Festung erreichbar. Den Eintritt sparen und abseits der Massen vor die Festungsmauer an die Klippen setzen Den Wellen beim Rollen und Zerschellen zuschauen. Die karge Felslandschaft durchsetzt von gelb-blühenden Küstenstrandsternen.

Zwei Surfer wagen sich im Neoprenanzug in die Wellen. Runterklettern zur Praia do Tonel. Ein großer schwarzer Fels in Form eines Russischen Terriers dominiert die weite Bucht. Über ein Mittagessen sinnieren. Wieder ziehen Regenwolken auf.

Wuff!

In der Abendsonne zur zweiten Halbinsel von Sagres. Zum strandln oder gar baden ist es viel zu frisch. Die Praia da Mareta entlanggehen. Am flachen Strand überlagern kleine Wellen sich zu hypnotisierenden Mustern.

Am nächsten Morgen gut gerastet auf der Landstraße zum Cabo de São Vicente. Wieder Gegenwind, Apple Weather prognostiziert die ganze Woche lebhaften Nordwestwind.

Auf dem Kap ein Leuchtturm, das Tor davor verschlossen. Am südwestlichsten Punkt Europas reges Treiben, Autos und Reisebusse drängen in den Parkplatz. Dahinter reihen sich Souvenirstände und Imbisse. Eine abstrakte Radlerstatue markiert Kilometer 0 des Eurovelo 1. Eigentlich beginnt die Route in Nordportugal.

Blick nach Norden

Auf teilweise groben Schotterpisten zurück nach Vila do Bispo. Mittagessen vom ALDI am sonnigen Parkplatz. Beim Eingang spielt ein deutscher Anarcho Gitarre und singt mit rauer Stimme. Einen Kaffee in der Snackbar nebenan und weiter auf der Landstraße nach Carrapateira.

Eine große Ziegenherde auf einer Trockenwiese an der Straße. Der stoische Hirte in Baskenmütze und Fellcape überblickt die Herde, zu seinen Füßen ein strubbliger Hund. In die andere Richtung Dutzende Windräder in lichten Kiefernwäldern.

Nach Carrapateira dem Eurovelo 1 über Schotterpisten folgen. Auf den steilen Rampen rutscht die Kette immer öfter krachend über Ritzel und Kettenblatt, ein Besuch beim Radladen ist angesagt. Insgesamt 20 km über staubiges Hügelland nach Aljezur. Der Staub bindet Öl und Abrieb auf Kette und Ritzeln zu einer schwarzen Paste, die Schaltvorgänge zunehmend unsauber.

Immer wieder durch kleine Eukalyptuswälder. Der Eukalyptusbaum stammt ursprünglich aus Australien, in Portugal pflanzt man ihn für die Celluloseproduktion. Schön aber wasserhungrig und anfällig für Waldbrände.

Zwei narrische Pferde kurz vor Aljezur

Die kleine weiße Altstadt von Aljezur an einem steilen Hang gelegen. Drunter vorbeiradln und bei der Brücke ins Café Ponte setzen. Nur knappe 50 km geradlt aber es ist schon Abend. Zum etwas außerhalb gelegenen Camping Serrão und unter mächtigen Eukalyptusbäumen seit langem wieder einmal das Zelt auspacken. Wäsche und sich selber waschen, Spaghetti kochen und müde auf die Luftmatratze legen.

Sonnenuntergang hinterm Mosquitonetz

Morgensonne und sanfter Eukalyptusduft, auf den Isomatten draußen frühstücken. Furchtlose Spatzen spechteln nervös auf die Plastikteller voller Brösel. Obsessiv Räder putzen vor den Sanitäranlagen Losradln am frühen Nachmittag.

Eine gute Stunde zum Strand von Odeceixe. Der Ort liegt 5 km hinter der Küste über dem breiten Tal des Rio Seixe. Die Mündung ins Meer zwischen hohen Klippen, dazwischen ein weiter Sandstrand. Ein schwarzer Fels im Meer erinnert an eine riesige Haifischflosse.

Am Hang über dem Fluss entlang nach Odeceixe. Ich war im Februar 2019 schon einmal hier, der Trilho dos Pescadores schlängelt sich die Klippen entlang durch den gesamten Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina. Dank dieses Naturparks ist die Atlantikküste zwischen Sines und Lagos wunderbar unverbaut.

Ein kurzes Stück Landstraße, dann über grob asphaltierte Nebenstraßen nach Zambujeira do Mar. Kurz vorm Ort ein weitflächiges Gehege mit Antilopen, Lamas, Wasserbüffeln, Zebras und Sträußen. Schwer den Blick von den graspickenden Sträußen abzuwenden.

Der Strand von Zambujeira

Weiter auf Nebenstraßen durch weites Farmland, Störche staksen durchs hohe Gras. Wir sind nicht mehr in der Region Algarve sondern im Alentejo. Hier werden auf großen Gewächshausflächen Beeren angepflanzt. Es ist kurz vor 6, an den Straßenrändern warten Hunderte asiatische Arbeitsmigrant:innen auf die Busse zu ihren Unterbringungen. Viele tragen Tücher über Mund und Nase. Auch in den kleinen Ortschaften überwiegend Arbeiter:innen auf den Straßen.

Die letzten 10 km nach Vila Nova de Milfontes auf der Landstraße. Blick von der Brücke den Rio Mira entlang aufs Meer. Take-away Pizza vom Restaurante Calabrisella, Originale Italiano aber ein deutsches Ehepaar führt das Lokal. Hinspazieren im Nieselregen, entlang einer Wiese unzählige kleine Schnecke am Gehsteig. Grausliges Knirschen unter den Tevas.

Am Morgen wieder sonnig und zum ersten Mal keine 30 km/h Wind. Umweg zum Spitz von Vila Nova, grandioser Blick über die Strände und Klippen. Perfekt für einen Restday wenns nur bissi wärmer wär.

Auf sandigen Pisten 15 km nach Porto Covo, das letzte Stück direkt am Meer. Viele Wandernde auf ihrer ersten Etappe am Trilho dos pescadores. Zwischen den Wegen aus ockergelbem Sand große Flächen der fleischigen Blätter und gelben Blüten der Essbaren Mittagsblume.

Mühsam die Räder einen verwucherten Pfad entlang zur versteckten Praia do Sissal schieben. Mittagspause im Schatten eines Felsvorsprungs. Zum Baden zu frisch, das wilde Wellenspiel in der schmalen zerklüfteten Bucht beobachten.

Lange in einem Kaffee in Porto Covo sitzen und die nächsten Tage planen. Der Wind legt wieder zu, bei starkem Gegenwind die Schnellstraße nach Sines. Rechts weites Weideland mit verstreuten Rinderherden. Links naturbelassene Küste, in der Ferne der Hafen von Sines.

Umweg über die hochrangige aber ruhige Hafenstraße um nicht durch den höhergelegenen Stadtkern radln zu müssen. Boxenstopp beim Burger King in der Shoppingoase vor der Autobahnauffahrt. In der Abendsonne auf einer ruhigen Parallelstraße zur Autobahn nach Vila Nova de Santo André. An der großen Lagune hinter dem Ort der Parque de Campismo de Santo André. Der sandige Platz ist durchzogen von Ameisenstraßen, auch unseren Proviant finden sie.

Am nächsten Tag nach Lisboa. Die Stadt ist noch gute 100 km entfernt, die Vororte der hügeligen Metropolregion wollen wir auslassen. Von der Halbinsel Tróia über den Rio Sado mit der Fähre nach Setúbal und dort den Zug nehmen.

Vom Campingplatz zurück auf die Landstraße und fast kerzengerade 25 km durch sandige Pinienwälder nach Carvalhal. Mittagessen beim Spielplatz, an der Hauptstraße ein kleiner Flohmarkt. Kaffee und Kuchen in der Pastelaria Tulipa.

Weiter auf der Landstraße nach Comporta, Beginn der Halbinsel Tróia. Zur Linken eine durchgehende Düne, das Meer, obwohl nur 200 Meter entfernt zeigt sich nie. Rechts das weite Delta des Rio Sado.

Die knallgrüne Fähre mit rotem Coca Cola Branding an allen Seiten fährt jede Stunde. Wie die Rampe liegt rollt gleich ein Bub am Mountainbike vom Boot, es folgen einige Pkws. Ein Kühllaster fährt mit uns nach Setúbal.

Das längste Ticket der Welt

In den meisten Zügen in Portugal darf man sein Rad gratis mitnehmen. Beim Zahir Kebab gegenüber vom Bahnhof bei Falafelbox und Guaraná Antarctica auf den Zug warten. Im Zug nur wenig Platz für Räder, die Stellplätze teilt man sich mit Kinderwagen und Rollstühlen. Über den Ponte 25 de Abril nach Lisboa. Die Brücke führt über den mächtigen Tejo, den längsten Fluss der iberischen Halbinsel.

Lisboa ist touristisch und teuer, eine günstige Unterkunft etwas außerhalb im Areeiro Viertel. Am Abend zur nahen Fonte Luminosa, Hunderte Menschen in der fast einen Kilometer langen Liegewiese. Eingepfercht zwischen zwei stark frequentierten Straßen die ein wenig an den Wiener Gürtel erinnern. Ein Hund legt mir seinen speichelnassen Ball hin und schnappt mir beinahe meinen Muffin aus der Hand.

Mit der Linha Azul der Metro zur Placa Martim Moniz. Reumannplatz-Vibes, man spielt Cricket, am Brunnen verkauft eine Frau Panipuri. Hochspazieren durch die verwinkelten Gassen zum Miradouro da Graça. Am Gehsteig weiß-schwarzes Pflaster, aus allen Ritzen wuchert Unkraut.

Am Aussichtspunkt Gedränge. Links der Blick zum Castelo de São Jorge, unten die Dächer der Altstadt. In der Ferne der Tejo und Ponte do 25 Abril.

Toll

3 Nächte in Lisboa.


Kommentare (2)

Jedr lei drei klamottn mit obr olm saubr fesch und frisch (durchliftet) ausschaugn 😄 Weniger wind mehr wärme und weiterhin 💪🍀 lg
Auf der Suche nach unberührter Natur, Ruhe, wenig besuchten Platzlen,... ist zwischendurch Zivilisation zur Versorgung gefragt, schön in deinen Berichten zu lesen, dass ihr wohl Abwechslung genug findet. Wünsche noch viele entspannte und interessante Orte, Begegnungen, Erlebnisse

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