Zugfahren
Von Tortosa nach Alcañiz
31. März und 1. April 2024
Es geht langsam voran. Vor 3 Nächten noch Aufwachen am Campingplatz in Benicarló. Zu wenig Schlaf, beim Liegen ist die Nase dicht und eine Stunde fehlt dank Zeitumstellung. Zweifel so angeschlagen weiterzufahren, aber nach dem Aufstehen gehts mir plötzlich besser. Abreise.
Mit dem Zug zurück nach Tortosa. Die rote Eisenbahnbrücke über den Ebro und diesen entlang durch das Baix Ebre (wörtlich: niedriger Ebro). Früher verlief hier eine Eisenbahnstrecke. Erdacht im 19. Jahrhundert zur Versorgung einer möglichen Kriegsfront. Stillgelegt in den 60er-Jahren wegen mangelnder Auslastung.
Radeln über Viadukte und durch Tunnel, oft beleuchtet, manchmal stockfinster. Vorbei an Bahnhöfen, die meisten sind Ruinen, manche zu Lokalen ausgebaut. Wir sind nicht allein unterwegs, denn es ist Feiertag, Ostermontag, und das Wetter ist gut.
Pause in Xerta in der Bar La Plaça, dos cafés solos. Billige Möbel auf schwarz-weißem Terrazzo, an der braun gefliesten Wand, Kaugummiautomaten und eine grell leuchtende Slotmaschine. Wieder aus dem Dorf draußen und am Ebro stehend blickt man auf den Assut de Xerta, ein fast 400 Meter breiter Damm, den die Mauren im 15. Jahrhundert errichteten.
Das Kurbeln befreit die Nase und ich fühle mich fit. Wir erreichen den zweiten Abschnitt der Bahntrassenroute nach Alcañiz, die Via Verde de la Terra Alta. Das Terrain wird rauer und die Ortschaften weniger. Der Nachmittag neigt sich dem Ende zu, wir treffen kaum noch wen. In einem lichten Pinienwald fast senkrecht über der durch einen Hügel gefrästen Bahnstrecke finden wir einen Zeltplatz.
Der Morgen sonnig, aber die Nacht eiskalt. Meiner Lunge tut das gar nicht gut, stechender Husten und starke Abgeschlagenheit für den restlichen Tag. Wasser auffüllen in Cretas, einem Kaff mit durchgängig mittelalterlichem Ortskern. So mitteralterlich, dass wir kein Straßenschild zum Anhängen der Räder finden, um uns in die Bar zu setzen. Weiterradeln hinein in den eiskalten Nordwind.
Durchdrücken auf den letzten 30 Kilometern nach Alcañiz auf der Via Verde del Val de Zafan. Zerklüftete Landschaft voller Miniatur-Tafelberge, Ende des Asphalts. Bei Valdealgorfa ein kerzengerader Tunnel, der Ausgang schon zu Beginn als kleiner Punkt sichtbar. Bergab mit Schwung durch den stockfinsteren Tunnel, der Boden gesät mit groben Steinen. Die 2.136 Meter scheinen endlos, ganz langsam wird der helle Punkt größer. Wieder draußen, kurz anhalten, die Hände zittern von den Vibrationen und der Anspannung. Unaufgeregt die letzten Kilometer nach Alcañiz.
In Alcañiz sofort ins Bett und Koma. Die Stadtrunde am nächsten Tag. Störche beobachten am Dach der Iglesia Santa María la Mayor. Als wir reinschauen ist grad Messe, wir setzen uns in die hinterste Reihe. Der Priester scheint ein Zwerg in der mächtigen Kirche, die Worte hallen schön in der fremden Sprache.
Vom Rathausplatz hoch zur Burg und runter zur Stierkampfarena. Jedes Kaff scheint hier sehenswert zu sein.
Castelserás
2. und 3. April 2024
Ich bin nicht erholt und aus Angst, mir was Ärgeres einzufangen, gabs heute noch mal einen Rest Day. Auch gestern sind wir nur 10 Kilometer von Alcañiz hierher nach Castelserás. Wir haben ein Zimmer in einem altertümlich aber wunderschön eingerichteten Haus. Als einzige Gäste können wir uns auch in Wohnzimmer und Küche ausbreiten. Unsere Gastgeberin, eine alte Dame, wohnt im obersten Stock. Sie spricht viel auf Spanisch und wir lächeln.
Der Ort ist sehr verschlafen und perfekt für eine kleine Auszeit. Dreimal am Tag einkaufen in dem winzigen Laden die Straße hoch. Am Nachmittag in Ruhe lesen oder schreiben und nach dem Kaffee eine Runde drehen. Eigentlich fühlen wir uns beide so wohl, dass wir kaum weiterfahren mögen.
Morgen brechen wir auf Richtung Teruel.