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Sonido del mar

Am 17. April abfahrt in Murcia Richtung Süden, nach Cartagena. Einen Monat ist es her, dass wir in Wien Erdberg in den Flixbus gestiegen sind. An diesem Morgen radln wir den tausendsten Kilometer. In Wien wieder kalt, in Südspanien wieder erträglich warm.

Von Murcia nach Almería

17. bis 19. April 2024

Mit zwei Zitronen vom Baum am Straßenrand das grauslige Flaschenwasser aufpeppen

Hoch über die Sierra de Altahona. Immer wieder kommen Rennradler:innen in vollem Dress entgegen, meistens alte Männer, Mittwoch Vormittag halt. Kühler als die letzten Tage, nach 300 Höhenmetern der Körper trotzdem schweißnass. Ohne Stehenbleiben über den Pass und nach einem kurzen Stück Abfahrt Mittagspause im Schatten eines großen Olivenbaums. Den Rennradler:innen beim Runterfetzen und Hochschwitzen zuschauen.

Das Meer noch nicht in Sicht, sind auch noch 35 km. Hinunterrollen in weites Flachland bedeckt von Folientunneln und Gewächshäusern. Im trostlosen Torre Pacheco Kaffeepause, ein letztes Mal drückende Nachmittagshitze. Siegessicher, keine 20 Kilometer mehr nach Cartagena. Beim Aufraffen und Losfahren dann starker Gegenwind. Die Landstraße stark befahren, an den Kreisverkehren staut es sich, halb 4.

In Cartagena zum römischen Theater stressen. Das Museum schließt um 18 Uhr, am schönsten Nachmittag. In den Ausgrabungen herumschlendern und an Tarragona denken. An der Plaza del Ayuntamiento in einem Café Churros in heiße Schokolade tunken. Blick auf den Palacio Consistorial, die Stadt ist viel schöner als erwartet. Der Name Cartagena kommt aus dem Phönizisch-Punischen, Qart-ḥadašt bedeutet Neustadt, auch Karthago hieß deshalb so.

Eine Weile den Hafen entlangschlendern. Im Apartment Pizza backen und zu lange bei Kochsendungen im Lokalfernsehen hängen bleiben.

Bis Almería immer am Meer und den Eurovelo 8 entlang. Am ersten Tag 75 km nach Águilas. Von Cartagena ins Hinterland durch die Sierra de la Muela. 250 Höhenmeter einen kleinen Pass hoch. Beim Mirador de las Cuestas del Cedacero den Schweiß trocknen lassen und einem einsamen Tourenradler beim Hochschieben zuschauen. Mit dem Meer im Blick und dem Wind im Rücken runterrollen. Auf einer geraden, besonders steilen Rampe zeigt das Navi 69 km/h.

Der Schwung trägt bis Mazzarón. Am Lungomare im Schatten einer Palme kalte Pizza vom Vorabend. Nach Mazzarón der schönste Abschnitt des Tages, auf einer Schotterpiste durch die Sierra de las Moreras. An der versteckten Playa del Hondón baden und die Sonne auf den Popschi scheinen lassen.

50 Meter weiter endet das Paradies, ein langer Kiesstrand direkt dahinter reihen sich kleine und große Wohnwagen. Die Kennzeichen überwiegend aus Deutschland. Schaut aus wie ein Campingplatz, ist es aber nicht. Die Menschen parken illegal hier und verschandeln dieses Stück unberührte Natur, schade.

Der Eurovelo führt uns zurück auf Asphalt und durch weite Gewächshausanlagen. Abgesehen von den saftig grünen Mandelbaumfeldern ist es staubtrocken, heller Sand auf dunklem Gestein, verdorrtes Gebüsch, ein ausgetrocknetes Flussbett.

Das Gefahrenzeichen für Viehtrieb ist gefühlt das häufigste Straßenschild in Spanien. Eine frei laufende Kuh war bisher aber noch nicht zu sehen. Überhaupt sehen wir, abgesehen von Vögeln, wenig lebende Tiere. Dafür viele tote auf der Straße, so etwa Katzen, Hunde, Füchse, Hasen, Igel, Tauben, Schlangen und Eidechsen. Auch eine Schildkröte lag schon zertrümmert am Asphalt.

Nochmal hoch auf einen fast 400 Meter hohen Pass. Durch den Naturpark Cabo Cope y Puntas de Calnegre hinunter auf Seehöhe und nach Águilas. Nie hätte ich gedacht, dass die Küste so hügelig sein könnte. Belohnt wird man mit genialen Ausblicken und Abfahrten.

Wildcampen ist schwierig an der Küste, viele Ortschaften, stille Buchten oft nur über Kletterei erreichbar. Die meisten Campingplätze sind Wohnwagenparks und auch in der Preisgestaltung für Reisende mit Zelt unverhältnismäßig teuer. Deswegen auch in Águilas wieder drinnen schlafen, der Club Náutico ist, anders als der schicke Namen vermuten lässt, eine klassische Jugendherberge. Steinharte Matratzen auf Metallstockbetten, dafür ein schöner Aufenthaltsraum mit Meerblick. Das Hostel wirkt leer, niemanden störts, dass wir unseren Gaskocher auspacken.

Am nächsten Tag nach Carboneras, vor Mittag noch betreten wir die autonome Provinz Andalusien. Die Straße verläuft an steilen schwarzen Geröllhängen direkt am Meer, unten krachen die Wellen, am Straßenrand blühen Hauhecheln intensiv gelb.

Am Weg nach Garrucha ist bei mir die Luft draußen, Patschen am Hinterrad. Flickzeug auspacken in der Mittagssonne. Ein älterer Herr auf E-Bike sieht mich im Vorbeifahren und dreht um, bietet mir sein Pannenspray an, tubeless müsste man fahren. Der Herr spricht nur Spanisch, viel können wir uns leider nicht unterhalten, trotzdem schaut er gern beim Flicken zu. Drei Dornen ziehe ich aus dem Reifen, zwei haben den Schlauch durchbohrt.

1, 2, 3, 4, 5, ... 6 Flicken!

Endlich weiterradln, dann plötzlich auch im Vorderreifen wenig Druck. Der Schlauch hält durch bis Garrucha, Mittagessen am Strand im Schatten von Wacholder und Dattelpalmen. Am Schlauch kein Loch zu finden, also aufpumpen und weiterradln.

In Andalusien sind fast alle Häuser weiß gekalkt, abgerundet und mit nur wenigen kleinen Fenstern versehen. Der klassische Stil zieht sich sogar durch extensive Neubausiedlungen.

Vor Carboneras mal wieder ein Pass, oben der Beginn des Cabo de Gata Naturparks der bis kurz vor Almería reicht.

Am liebsten 10 Mal runterrollen

In Carboneras auf ein Bier am Strand bei La Mal Criada. Am Strand daneben spielt man Petanque. Es ist schon spät, die Flickerei hat viel Zeit gekostet. Unterkommen in einem klassisch andalusischen Haus, Balkongeländer und -tür in einem wunderschönen Blau.

Nie war die Miso-Suppe so gut

Am nächsten Morgen stürmisch und bedeckt. Vorbei an der Entsalzungsanlage von Carboneras und rauf auf 200 Meter, der Rückenwind hilft. Atemberaubende Abfahrt ins Valle de Rodalquilar. Um 2 € den teuersten Kaffee dieser Reise im Restaurante Lebeche in Rodalquilar.

Zurück ans Meer nach San José und auf einer Schotterpiste zur südlichen Spitze der Sierra del Cabo de Gata. Extrem starker Wind, steile Serpentinen und gröbster Schotter. Schieben ist keine Schande.

Eli snackt am Collado de Vela Blanca
Snacks vor der Abfahrt vom Collado de Vela Blanca

Ausschau halten nach einem Platzerl für die Nacht. Die Küste ist hier wenig verbaut aber die meisten Strände zu steil zum Zelten. Abfinden mit den letzten Metern einer geschotterten Sackgasse hinterm Strand. Spaghetti im Meerwasser kochen und der Sonne beim Untergehen zuschauen.

Eli füllt einen Kochtopf mit Meerwasser
Wie soll ich mir da einen Topf füllen?

In der Dämmerung das Zelt aufbauen. Der Wind ist immer noch heftig, Sorge Kathi könnte mit der Außenhülle davonfliegen. Hämmern, dass die Funken fliegen aber die Haken wollen nicht in den steinigen Boden sondern kringeln sich lieber wie Zimtschnecken. Es ist schon finster und die Nerven liegen blank. Alles zampacken und die letzten 35 km im finsteren nach Almería radln.

Um dreiviertel 12 im abgewohnten Hotel Embajador erschöpft aufs Bett fallen und lang schlafen.

Almería

20. April 2024

Almería ist bekannt für seine riesigen Gewächshausanlagen und keine Touristendestination. Das macht die Stadt authentisch und angenehmer zu besuchen als die populäreren Städte in denen wir bisher waren. Im kleinen Stadtzentrum ist alles fußläufig erreichbar und die Sehenswürdigkeiten sind gratis oder um wenig Geld zu besichtigen. Der Name der Stadt stammt aus dem Arabischen, Madīnat al-Mariyya bedeutet Stadt des Wachturms.

Wir besuchen den Markt, dann die Kathedrale. Der Haupteingang mit Renaissancefassade, der Rest ähnelt einer Festung. Am Platz davor riesige Palmen.

Weiter zur Alcazaba, eine maurische Festung auf einem Hügel im westlichen Teil der Stadt, der Eintritt ist frei. Durch die wunderschönen Gärten spazieren, an allen Ecken kleine Brunnen oder Bäche in Rinnen aus weißem Marmor. Von den Mauern auf die trockenen Hügel im Umland blicken. In Almería regnet es 220 mm im Jahr bei 3.000 Sonnenstunden. Zum Vergleich, in Wien regnet es 700 mm im Jahr bei 2.100 Sonnenstunden.

Eli blickt von den Zinnen der Alcazaba von Almería
Das beste Essen bisher in einem kleinen marokkanischen Restaurant nahe der Alcazaba

Mit vollem Bauch zur Plaza Puerta de Purchena, dichtes Gedränge und unglaublicher Lärmpegel in Bars und Restaurants, es ist Samstag. Ruhiger auf der Plaza Vieja, eine Gruppe Kids im Fußballmatch, die meisten tragen Trikots der großen spanischen Klubs.

Zum Abschluss ins kleine, feine Museo de la Guitarra. Das Museum ist Antonio de Torres gewidmet, der berühmte Gitarrenbauer ist in Almería geboren und erdachte im 19. Jahrhundert die Bauweise der modernen Konzertgitarre. Bis heute wird sie nach seinem Design gebaut.

Eli liest einen Infotext im Gitarrenmuseum von Almería

Kommentare (4)

Donk sibi iaz a drbei Wirklich trockene windige wellige herbleutige gegend Owärts longsom und nit fetzn Kompliment zu den tagebucheintragungen angenehm zu lesn Einen applaus und blumenstrauss den beiden fleißigen radlern
Top, danke! Fetzen lei wenns ohne Risiko möglich isch ;) Liebe Grüße an die Fam!
Sehr schön dokumentiert und geschrieben 🥰
Danke und liebe Grüße an die Gang 🥰

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